* 1933 in Cremona, Italien. † 1963 in Mailand
Italienischer Künstler
Bekannt für: Konzeptuelle Werke mit (selbst)ironischen Seitenhieben wie Merda d'artista (1961) oder Linee (1959-1961)
Kunsthistorischer Kontext: Künstlergruppe ZERO, Nachkriegs-Avantgarde, Konzeptkunst
Ausgestellte Werke
Achrome, 1958. EG | A | Kaolin (Porzellanerde) auf Leinwand, 103x103 cm. Den Beginn der Werk-Serie Achrome (1957-1963) markieren farblose Oberflächen, die nicht bemalt wurden, sondern einzig durch den Auftrag von Gips oder Kaolin strukturiert wurden. Damit versuchte er "die Fläche zu befreien" – zentral dabei ist, dass das verwendete Material nicht mehr bloss Träger oder (Farb)pigment ist, sondern eigentlicher und einziger Protagonist des Achroms. Dieses Prinzip wandte Manzoni auch auf Reliefs und Objektassemblagen an, die er aus den verschiedensten Materialien herstellte – z.B. aus Watte, flauschigen Kunstfasern, Glaswolle, Steine, Kaninchenfell, Styropor oder Brötchen. | |
Achrome, 1958. EG | A | Kaolin auf Leinwand, 103x103 cm. | |
Achrome, 1958. EG | A | Gefaltete Leinwand und Kaolin, 160 x 130 cm. | |
Achrome, 1958. EG | A | Kaolin auf Leinwand, 50 x 69.5 cm. | |
Manifest gegen nichts für die internationale Ausstellung über nichts. Manifesto contro niente per l'esposizione internazionale di niente. Manifeste contre rien pour l'exposition internationale de rien, 1960. UG | A | Manifest gegen nichts für die internationale Ausstellung über nichts. Manifesto contro niente per l'esposizione internazionale di niente. Manifeste contre rien pour l'exposition internationale de rien. Repräsentativ für Avantgardismus, Konventionalismus, Modernismus, Konservativismus, Kommunismus, Kapitalismus, Patriotismus, Internationalismus, Monochromie, Monotonie, Zen, Surrealismus, Dadaismus, Lettrismus, Informel, Konstruktivismus, Neoplastizismus,Tachismus. Eine Leinwand ist fast so wertvoll wie kein Gemälde. Eine Skulptur ist fast so gut wie keine Skulptur. Eine Maschine ist fast so schön wie keine Maschine. Die Musik ist fast so angenehm wie keine Musik. Lärm ist fast so angenehm wie kein Lärm. Kein Kunsthandel ist fast so zweckmäßig wie Kunsthandel. Etwas ist fast nichts (= kein etwas). Carl Laszlo, Basel Onorio, Basel Bazon Brock, Itzehoe Herbert Schuldt, Hamburg Piero Manzoni, Mailand Enrico Castellani, Mailand Heinz Mack, Düsseldorf Otto Piene, Düsseldorf. Verkauft wird nichts, numeriert und signiert. Preisliste liegt aus. Zur Eröffnung spricht niemand.
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Fiato d’artista (Künstleratem), 1960. EG | A | Eine Serie von Werken, die aus roten, blauen oder weissen Ballons bestehen, die der Künstler aufgeblasen hat und mit Schnur und Blei verschlossen hat. Darin eingestanzt der Name "Piero Manzoni". Der Ballon ist mit Gips an einem Holzsockel befestigt, der mit einer Gedenktafel an den Künstler versehen ist. | |
Consumazione dell’arte dinamica del pubblico divorare l'arte (Konsum der der dynamischen Kunst durch das kunstverschlingende Publikum), 1961. EG | A | Es handelt sich um eine Aktion mit Publikumsbeteiligung, die zur kompletten Entmaterialisierung resp. Verschwindens des Kunstwerks führt. Die Besucher erhalten von Manzoni hart gekochte Eier, die der Künstler zuvor mit seinem Daumenabdruck signiert und dadurch zum Kunstwerk erhoben hat. Durch das Kochen, Verzehren und Verdauen der Eier geht die Signatur ebenso verloren wie das signierte Objekt selbst.
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Sculture viventi (Lebende Skulpturen), 1961. EG | A | Durch den Akt der Signatur des Künstlers werden fast nackte Frauen(körper) zu lebenden Skulpturen erklärt. Zusätzlich wurde die Echtheit dieser Kunstwerke durch nummierte, signierte und datierte Zertifikate (Carte d’autenticità) bescheinigt: „Es wird bestätigt, dass [Name] durch meine Hand signiert wurde und daher ab sofort als echtes und wahres Kunstwerk anzusehen ist.“ Auf den Dokumenten lässt sich anhand von Wertmarken zudem ablesen, ob der ganze Körper oder nur ein bestimmter Körperteil zu Kunst geworden ist, und ob es sich dabei um ein temporäres oder permanentes Kunstwerk handelt. Insgesamt verwandelte Manzoni mit dieser Aktion 73 Personen in Kunst. | |
Basi magiche (Magischer Sockel), 1961. EG | A | Sockel aus Sperrholz, angefertigt in 2 Exemplaren (eine in Turin, eine in Venedig), je 60 x 79.5 x 79.5 cm. Indem die Besucher sich auf die "magischen Sockel" stellen – die Position ist mit aufgeklebten Filzsohlen markiert – werden sie lebende Skulpturen verwandelt und erleben sich dadurch selbst als Kunstwerk. Sie bleiben solange Kunstwerke, wie sie sich auf dem Sockel befinden. An der Sockelseite ist ein Messingschild angebracht mit der Aufschrift „Piero Manzoni / Scultura vivente“ . Die Anwesenheit des Künstlers ist demnach nicht (mehr) nötig, damit Kunst entsteht. | |
Merda d'Artista (Künstlerscheisse), 1961. EG | A | Manzoni füllte jeweils 30 Gramm seiner eigenen Fäkalien in 90 Konservendosen und verschloss sie geruchsfest. Die Dosen wurden durchnummeriert und mehrsprachig mit "merda d’artista", "artist's shit", "Künstlerscheisse" und "merde d'artiste" beschriftet. Dazu der Hinweis: «Netto-Inhalt 30 Gramm. Naturrein abgefüllt im Mai 1961» Die Dosen verkaufte Manzoni zum damals zum Goldpreis des Gewichtes. Das entsprach damals etwa 30.000 Euro pro Stück. Sämtliche Dosen wurden verkauft. Bei einer späteren Auktion im Hause Sotheby's in Mailand erzielte eine Dose den Preis von 96774 Euro. Es ist umstritten, ob die Konservenbüchsen wirklich Exkremente des Künstlers enthalten, ist umstritten. Freunde des Verstorbenen glauben, dass die Büchsen mit Gips gefüllt seien, was die Manzonis ironische Kritik am Kunstbetrieb auf die Spitze treiben würde: Gips wird als Scheisse verkauft – und diese Scheisse wird als Kunst verkauft. Den Inhalt nachzuprüfen, ist laut der Tate Modern nicht möglich, da eine gewaltsame Öffnung des Exponats den künstlerischen Wert zerstören würde. Mazoni bewies mit diesem Werk seine Überzeugung, dass Kunst alles sein könne, aber nichts sein müsse, und dass sogar Scheisse als Kunst akzeptiert werde, wenn sie in der richtigen Form präsentiert wird. | |
Base del Mundo (Fundament der Welt), 1961. EG | A |
Eisensockel, 90 x 110 x 110 cm, mit der Aufschrift: "Socle du monde, socle magic n. 3 de Piero Manzoni - 1961, Hommage à Galileo". Die Aufschrift steht auf dem Kopf, so dass es den Anschein macht, als würde der Sockel die Erdkugel tragen. Durch diese Geste wird die ganze Welt zum Kunstwerk erklärt. Die Grenze zwischen Kunst und Leben ist aufgehoben, die Kunst wird zur allumfassenden Erscheinung. | |
Jes Petersen: Piero Manzoni. Life and Works, 1963. EG | B | Transparentes Buch. Es handelt sich um ein Künstlerbuch, das aus 100 leeren durchsichtigen Kunststoffblättern besteht und einem Einband, auf dem die Namen des Verlegers und des Künstlers, der Buchtitel und Ort und Datum des Drucks schwarz aufgedruckt sind. Zusammengehalten von einer weissen Plastikbindung. Der Künstler konzipierte dieses Buch kurz vor seinem Tod 1963 in einem Brief, den er seinem Freund und Verleger Jes Petersen schickte, der Manzonis Anregungen posthum umsetzt und in einer Auflage von 60 Exemplaren druckt. Eine zweite Auflage mit hundert Exemplaren wurde 1969 gedruckt und herausgegeben. 18x15.5 cm. Verlag Petersen Press. Flensburg/Glücksburg, Deutschland, 1963. Auflage: 60 Kopien. | |
Links Pieromanzoni.org | Gagosian Gallery | Tate | MoMA | Weitere Informationen 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6
Credits Sämtliche Reproduktionen © 2014, ProLitteris, Zurich |