*1967 in Warschau, Polen. Lebt und arbeitet in Warschau
Polnischer Künstler
Bekannt für: Lebensgrosse Skulpturen von Familienmitglieder und Freunden aus Tierdarm, Heu und Menschenhaar
Kunsthistorischer Kontext: Zeitgenössische Konzeptkunst, Institutionskritik
Die Arbeiten von Pawel Althamer, der als Bildhauer ausgebildet ist, zeichnen sich durch eine soziale, gemeinschaftliche, partizipatorische Dimension aus, wobei es weniger um die Herstellung von Objekten als um das Komponieren menschlicher Interaktionen geht. Oft sind die Arbeiten bis an den Punkt entmaterialisiert, wo sie kaum mehr (als Kunst) sichtbar sind. Pawel Althamer beschreibt seine Projekte als soziale Skulpturen, bei denen es darum geht, neue urbane Legenden und kollektiven Mythen zu produzieren. Er findet die Teilnehmer seiner Projekte und das Material für seine soziale Skulpturen vor allem in seinem unmittelbaren Umfeld: seine Frau und Kinder, nahe und entfernte Verwandte, Freunde, Nachbarn, Studenten, die Tutoren der Warschauer Akademie, flüchtige Bekannte und manchmal auch Passanten. Neben der Schaffung neuer sozialer Gemeinschaften, bringt sich Althamer auch in bereits bestehende Subkulturen ein, z.B. der Biker, Strassenmusikanten, Landstreicher, Industriearbeiter, illegale Migranten. Althamer ist auch für seine Bereitschaft, an sich selbst zu experimentieren, bekannt, und unter seinen bekanntesten Werken finden sich intime Videoporträts, die ihn bei der Interaktion mit Mitarbeitern zeigen in veränderten mentalen Zuständen, u.a. durch LSD und Pilzen. Sein eigener Körper ist eines seiner am häufigsten verwendeten Materialien.
Ausgestellte Werke
Sciezka (Pfad), 2007. 2. OG | A | 2007 schuf Pawel Althamer einen Pfad im Rahmen der Skulptur Projekte Münster. Der Pfad beginnt im städtischen Erholungsgebiet Aasee und führt über Wiesen und Felder, bis er nach knapp 1 km abrupt in einem Gerstenfeld endet. Wer dem Pfad bis hierher gefolgt ist, muss sich entscheiden, wie er auf die offene Situation reagieren soll. Mit der Begehung drücken die Besucher dem Pfad – dem Kunstwerk – ihre eigenen (Fuss-)Abdrücke auf und lassen so Spuren der Veränderung zurück. Nicht nur mit diesem Pfad, sondern auch mit seinen radikalen Performances untergräbt Pawel Althamer unsere Gewohnheiten und Regeln, und fordert zu neuen Handlungsmustern heraus. Bei der Durchführung seiner performativen Projekten ist er als Künstler nicht anwesend, um so die vollständige Verschmelzung der ehemaligen Trennung von Kunst und Leben herbeizuführen.
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The Motion Picture (aka Film), 2000. 2. OG | A | Für das Werk Film hat Althamer 10 Schauspieler angeheuert, auf einem öffentlichen Platz vor einem Einkaufszentrum während zwei Wochen alltäglichen Handlungen durchzuführen. Wer von den Zuschauern nicht wusste, dass es sich um eine Performance handelte, konnte nicht sagen, ob er das Kunstwerk überhaupt gesehen hatte. Das Projekt wurde an der Manifesta in Ljubljana durchgeführt. Die Aktionen waren banal und unauffällig; synchronisiert, aber unzusammenhängend: ein junges Paar, das sich küsst, ein Junge, der Skateboard fährt, ein alter Mann, der Tauben füttert, ein junger Mann, der an einem Tisch sitzt und Café trinkt. Selbst ein eingeweihtes Kunstpublikum hätte Mühe gehabt zu entscheiden, was zum Kunstwerk gehört und was nicht, und hätte wohl sehr viele Handlungen zum Kunstwerk gezählt, die vom Künstler nicht so vorgesehen wurden. Bei einigen Passant haben die Szenen vielleicht ein Déjà-vu-Gefühl erzeugt, aber mit Sicherheit konnte niemand sagen, woran das lag, bis der Film am Abend endete und alle Schauspieler gleichzeitig ihre Rollen aufgaben und weggingen. Eine (selbst)ironische Subversion des avantgardistischen Traums, Kunst und Leben nahtlos zu verschmelzen, aber dies nur während der Arbeitszeit. | |
Invisible, 2002. 2. OG | A |
| Als Abschluss seines einjährigen Aufenthaltstipendium am DAAD in Berlin 2002, lud Althamer zu einem Vortrag ein, der reflektieren sollte, wie er sich in der Kunstszene nicht wahrgenommen fühlte. Die Arbeit mit dem Titel "Unsichtbar" bestand aus Werbeplakaten, die eine Aktion auf dem Alexanderplatz ankündigten: «Am Freitag den 28.6.2002 wird der osteuropäische Künstler Pawel Althamer von 17.00 bis 19.00 Uhr auf dem Alexanderplatz unsichtbar werden» Althamer blieb während der Aktion zuhause in seiner Wohnung, hielt aber dennoch Wort: Denn die Plakate waren in einer rasch verblassen Sonderfarbe gedruckt gedruckt |
The Exhibition, 1992. 2. OG | A | Während seiner ersten Einzelausstellung (mit dem Titel Die Ausstellung, 2.10.-1992.10.04), versetzte er die Galeria a.r.t. in Płock, die sein Kommilitone Jacek Markiewicz führte, in ihren ursprünglichen Zustand zurück. Er reinigte alles, wusch den Boden, kratzte den weissen Lack vom Kachelofen und richtete den Raum mit den nötigen Möbeln ein, so dass sich die Galerie noch einmal in die Wohnung zurückverwandelte, die sie ursprünglich war. Der Künstler verbrachte mehrere Tage dort und machte Video-Aufzeichnungen vom Alltag der Nachbarn. Im Jahr 2003 realisierte er eine ähnliche Arbeite für eine Ausstellung in seiner Berliner Galerie Neugerrieumschneider: er verwandelte den durchdesignten Raum in eine von Abfall übersäten Rohzustand und verwandelte so die Galerie in ihren baufälligen Zustand vor der Gentrifizierung zurück. | |
Links Foksal Gallery Foundation | Galerie Neugerriemschneider | New Museum NY | Fondazione Nicola Trussardi | Galeria a.r.t. | Further Informations 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 |
Credits Sämtliche Reproduktionen © Pawel Althamer |